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Krebs als Chance

Jürgen Straubinger

Peter

Peter

Peter arbeitete als Abteilungsleiter in der Logistik eines größeren Konzerns...

Er verdiente gut und lebte mit seiner Frau, seinen beiden Söhnen und seiner Tochter in einem schönen Haus mit Garten. Neben der Arbeit war er in mehreren Vereinen aktiv und galt allgemein als sehr engagiert und äußerst hilfsbereit. Doch hinter der Fassade des kräftigen unerschütterlichen Mannes wohnte ein sensibler Mensch. Viele der Eindrücke um ihn herum drangen direkt zu ihm durch, doch in seiner Kindheit hatte Peter gelernt den Unmut herunterzuschlucken.

 

Die Dinge zu reflektieren und alten Ärger loszulassen fiel ihm zu dieser Zeit unmöglich. Dies erschwerte es ihm auch in seiner Ehe, aufkommende Probleme gemeinsam mit seiner Frau aufzuarbeiten und er flüchtete sich stattdessen in eine Affäre, in der alles noch einfach und unverbraucht war. Während seine Ehefrau mit ihrem dritten Kind schwanger war, erfuhr Peter mit Schrecken von seiner Geliebten, dass auch diese ein Kind von ihm bekam.

 

Für Peter begann eine immens schwierige Zeit voller Selbstverurteilung, in der er es nur unter Mühe schaffte, das uneheliche Kind vor seiner Frau zu verbergen. Dieses Doppelleben setzte ihm sehr zu. Um die heile Welt aufrechtzuerhalten hielt er es vor der gesamten Außenwelt geheim und tat erneut was er gelernt hatte: die Dinge in sich hineinzufressen und sie mit sich selbst auszumachen.

 

Einige Zeit später stellte Peters Hausarzt bei der Untersuchung eine Unregelmäßigkeit in seinem Blutbild fest, da Peter über andauerndes Unwohlsein im Unterleib klagte. Peter ließ sich von weiteren Experten untersuchen und ihm wurde daraufhin ein Darmkrebs diagnostiziert, was ihm vollkommen den Boden unter den Füßen wegzog.

 

Für eine Weile hielt Peter aber auch diese Diagnose geheim. Nun war das Paket, welches er mit sich herumtrug, aber zu schwer für ihn. Er wusste, dass er mit jemandem darüber sprechen musste und die Komplikationen, die seine vielen Geheimnisse mit sich brachten, früher oder später würde entwirren müssen. Der Knoten platzte jedoch bald darauf von allein, als seine Frau über Gerüchte hinter die heimliche Affäre kam und Antworten verlangte. Im Zuge der ersten schwierigen Gespräche schlief Peter in einem nahegelegenen Hotel. Seine einstigen Geheimnisse waren nun öffentlich in aller Munde. Er wusste nun, dass er Hilfe brauchen würde, jemanden der sich mit seiner Situation als Ganzes befasste, denn in seinem fürchterlichen Stress wusste er keinen Rat mehr. Als Peter auf meine Dienste aufmerksam wurde, kontaktierte er mich auch sofort darauf.

 

In unserem Erstgespräch war Peter sichtlich erleichtert, als er die ganze Geschichte endlich einmal angstfrei vollständig schildern konnte. Es fiel ihm ebenso gleich auf, dass die Schuld, die er empfand, ihm die Sicht versperrte, die er dringend brauchte, um nun auf diese schwere Krise zu reagieren. Sie zerfraß den einst so starken freundlichen Mann zunehmend, genauso wie die Angst, dass die Krankheit ihm die Möglichkeit nehmen würde, die Probleme anzugehen und die Dinge zu einem guten Ausgang zu führen. Die Energie dazu hatte er jedoch.

Gemeinsam erarbeiteten wir einen Weg, seine aktuelle Situation zunächst zu akzeptieren. Anschließend galt es, die Ursachen für Peter in ihrer Gänze zu erkennen, um sie effektiv angehen zu können. Denn Peter hatte in seiner Kindheit und seinem vorigen Beziehungsleben keinen richtigen Weg zu einer klaren Kommunikation in zwischenmenschlichen Beziehungen erlernt. Ihm fehlte das Handwerkszeug für eine partnerschaftliche Kommunikation, welche zu Erhalt und Pflege einer langjährigen Beziehung notwendig war.

 

Peter hatte in seinem Leben gelernt Stärke und Hilfsbereitschaft nach außen zu zeigen, allerdings auf Kosten seines wahren Ichs. Um eine Richtung für sich zu finden würde er zu diesem wahren Ich jedoch zurückfinden müssen. Auf dem gemeinsamen Weg arbeiteten wir heraus, was Peters wirkliche Lebensziele sind: er wollte seine Beziehung retten und seine Aufrichtigkeit zurückerlangen.

 

Mit der neu gewonnen Klarheit vollzog Peter die nötigen Schritte und leistete viel, um das Vertrauen in seiner Ehe wiederaufzubauen. Er trennte sich von seiner Geliebten, stand jedoch zielsicher zu dem außerehelichen Kind und sagte seine volle Unterstützung zu. Die Auflösung der vielen Ungewissheiten in seinem sozialen Leben entlastete Peter sichtbar und er konnte die nötige Ruhe zu seiner Genesung finden.

 

Heute liegen sowohl der Kampf um seine Ehe und sein Ansehen in der Öffentlichkeit, sowie der Kampf gegen seine Diagnose hinter Peter. Zuletzt sagte er mir, er wolle es etwas ruhiger angehen lassen und sich vornehmlich um seine Familie kümmern. Die Zeit dafür hat er jetzt.

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